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Abpfiff – Die Kolumne von Tomas Malz
Woche für Woche erleben wir im Profi- und Amateurbereich, im Jugend – und sogar im Kinderfußball die gleichen Diskussionen über Schiedsrichter-Entscheidungen. Öffentlich werden Sie von den Medien auseinander genommen, von Spielern beleidigt oder von Teamoffiziellen als „Sündenböcke“ dargestellt. Ihnen wird die Neutralität abgeschworen. Die wenigsten versuchen, die Ursachen einer Niederlage bei sich selbst zu suchen. Schiedsrichter werden aktuell sogar in der Bundesliga beschuldigt, Meisterschaften zu manipulieren bzw. zu entscheiden: So ein Quatsch – in meinen Augen! Der BVB sollte sich mal fragen, ob gegen Bochum vielleicht auch die Chancenauswertung eine Rolle gespielt hat, ob das Spiel in der Hinrunde gegen Werder Bremen tatsächlich in den letzten fünf Minuten nach einer 2:0 Führung verloren gehen musste. War das Unentschieden gegen Stuttgart vermeidbar? Ich kann diese Liste auch mit anderen Vereinen fortführen. Der BVB soll nur exemplarisch dafür stehen, wie wenig reflektiert alle Beteiligten sind.
Leider schauen sich sowohl der Amateurbereich als auch Kinder und Jugendliche, die mit ihren Stars an den TV-Geräten mitfiebern, dieses Verhalten ab.
Ein Fußballspiel entscheidet sich nicht durch eine Entscheidung allein, sondern ist die Summe von vielen. Im Herrenbereich sind wir Trainer oder auch Spieler nicht dem Schiedsrichter gnadenlos ausgesetzt. Wir können 90 Minuten selbst Entscheidungen treffen, können taktische Veränderungen vornehmen oder als Spieler Gelerntes besser anwenden bzw. im eigenen Verhalten Korrekturen vornehmen. Bei all diesen Abläufen auf dem grünen Acker entstehen auch mal Fehler bei Spielern, Trainern und auch den Schiedsrichtern… sie haben aber hier nicht die Möglichkeit, den VAR in Köln anzurufen, ob die sich noch einmal die Spielszene anschauen können. Es müssen von einer auf die andere Sekunde Entscheidungen getroffen werden, wie eine Spielsituation zu bewerten ist. Warum also muss alles während oder nach dem Spiel mit einem Menschen ausdiskutiert werden, der sich bereit erklärt hat, seine Zeit und sein Bestes für dieses Spiel zu geben. Lasst uns diese Menschen und Jugendlichen feiern, die jedes Wochenende auf dem Platz stehen -ob früh oder spät. Lasst uns mehr Menschen für diesen Sport gewinnen, weil es ohne Spielleitung keine Punktspiele mehr gibt. Mittlerweile gibt es ja sogar Punktabzüge für die 1. Herrenmannschaft eines Vereins, wenn ein Verein nicht genug Schiris zur Verfügung stellt.
“Ich feiere diesen mutigen Schritt”
Ich finde es traurig, wenn ein Jugendschiri, der sein zweites Spiel pfeift, nach dem Spiel direkt in die Kabine läuft, weil er Angst vor den Reaktionen der Zuschauer oder eines Trainers hat. Das darf nicht sein! Er muss für seine Leistung gewürdigt werden. Wir als Trainer sollten den Schiris beiseite stehen, wenn wieder einmal Zuschauer, Trainer oder Spieler mit der lautstarken Kritik über Grenzen gehen.
Mir ist klar, dass ein Schiedsrichter sich auch selbst reflektieren sollte und dass ihm gute und schlechte Entscheidungen gesagt werden sollten. Aber alles in einem unaufgeregten Zustand und mit dem Bestreben, ihn mit konstruktiver Kritik besser zu machen. Schiedsrichter treffen ganz alleine Entscheidungen. Ein Charakterzug, der ein wenig verloren geht und den man sonst nur auf Führungsebenen sieht.
Ich feiere diesen mutigen Schritt, dass jemand sich zutraut, 6 bis 22 Kickern plus Trainern und Zuschauern die Ergebnisse ihres Handels mit einem Pfiff aufzuzeigen. (tma)
Dieser Artikel erschien zuerst im TNS SPORTS Magazin Nr. 32 | Mai 2023
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