Volles Haus im "Gletscher"

Als Eishockey die Fans im hohen Norden eroberte

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Thema: Eishockey

Er ist Flensburgs wandelndes Sportlexikon. Sportjournalist Jörn Saemann teilt exklusiv im TNS Sports Magazin Flensburg seine kuriosesten und lustigsten Erlebnisse und Erinnerungen.


Der Sport in Schleswig-Holstein stellt sich derzeit neu auf. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde im Amateursport und vielen Jugendklassen die Saison erneut abgebrochen.
Wie schon im Frühjahr 2020, sind sportliche Entscheidungen wie Meisterschaft und Abstieg ausgesetzt worden. Schleswig-Holsteins Sportart Nummer eins, der Handball (wo nur die Profis des THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt, sowie deren A-Jugend in unserer Region um Titelehren kämpfen dürfen), muss ebenso wie des deutschen liebstes Kind, „König Fußball“, auf einen Re-Start in der Spielzeit 2021/22 hoffen. So geht es auch allen anderen Sportarten, die kaum medialen Bonus haben. Einfach nur wieder in die Hallen, auf den grünen Rasen, den roten Tennis-Sand, oder auf die Laufbahn, lauten die Hoffnungsformeln aller Athleten.

1983: Die Geburt des Flensburger Eissport Clubs

In einer Zeit, als noch kein Virus die Neuzeit aus dem Ruder brachte, schickten sich auch einige andere Sportarten an, die Fördestadt Flensburg und die hiesige Region zu erobern. Allen voran Eishockey. „1983 wurde auf Empfehlung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, die Eissporthalle in Flensburg-Harrislee gebaut“, erinnerte sich Walter Melnyk schon vor einiger Zeit an das im sportlichen Sinne übertragene „Zuspiel“, für seine Leidenschaft. Denn der in Kanada geborene Melnyk, der als 12-jähriger mit seiner Mutter in deren Heimatstadt Schleswig zurückkehrte, war in Toronto begeisterter Eishockeyspieler. Mit 26 Jahren, war er Mitglied des 1983 gegründeten Flensburger Eissport Clubs, der sehr schnell in Flensburg-Harrisleer Eissport Club umbenannt wurde. In der Saison 1984/85, war unsere erste Spielzeit in der Landesliga Schleswig-Holstein/Hamburg“, erinnerte sich der damalige Spielertrainer an den Start. Zunächst hagelte es nur Niederlagen, denn nach nur einigen Monaten auf einer Eishockeyfläche, war den meisten Spielern die schwere Eingewöhnungszeit anzumerken. Die Legende, dass der nördlichste Eishockey Club Deutschlands aus Teichhockey-Spielern bestünde und sogar in Kühlschränken trainiert würde, machte scherzhaft die Runde. Doch mit Leidenschaft und Zusammenhalt eroberten die „Kufen-Cracks“ vom Flensburg Harrisleer Eissport Club, das Herz der Sportfans. „Der erste Sieg gelang uns in der zweiten Saison zu Hause gegen Hamburg-Altona“, erinnert sich Melnyk an das erste Erfolgserlebnis. Nach zunächst nur 20-30 Besuchern, später gut 50 bis 100, wurde der Zuspruch immer besser, denn ein starkes Team hatte sich entwickelt, dass sich auch den Respekt in Norddeutschland erkämpfte. Das Interesse am Eishockey im hohen Norden wuchs und die Zuschauerzahlen stiegen. 600 bis 800 Fans kamen in die Halle.

Volles Haus im “Gletscher”

So gab es auch ein volles Haus in einem Aufstiegsspiel zur Regionalliga. Im Gletscher traf der FHEC auf einen aufstrebenden Verein. Den REV Bremerhaven. Heute sind die Niedersachsen fester Bestandteil der DEL und vor allem als Fishtown Pinguins ein bekannter und vielgeachteter Club in der Beletage des deutschen Eishockeys. 6:4 besiegte der FHEC den REV und sorgte für Jubelstürme an der dänischen Grenze. „F, F, FHEC“, hallte es durch den Gletscher.

Mit Freude und Ehrgeiz avancierte die Jagd nach dem Puck zur dritten Kraft im Sport der nördlichsten deutschen Region. Zum Kult avancierten Begegnungen gegen den Timmendorfer EC 1b, die Zweitvertretung des damaligen Zweitligisten aus Schleswig-Holstein, der mit potenten finanziellen Mitteln im Eishockey hoch hinaus wollte. Das „1b-Team“ war daher sehr spielstark und das erste Schleswig-Holstein Derby im Eishockey war aus der Taufe, beziehungsweise Eistonne, gehoben. Doch vor allem die Partien gegen FASS Berlin wurden zu Klassikern, denn die Hauptstädter schickten sich an, zweite Kraft hinter den heutigen Eisbären Berlin zu werden. Sie hatten eine treue Fangemeinde, so dass im Gletscher auch Gästefans ihre Mannschaft unterstützten.

Das Aus für ein hoffnungsvolles Projekt

Dass der Gletscher an einer Seite offen war und es so in den Wintermonaten lausig kalt war, störte die inzwischen stets große Eishockey-Fangemeinde nicht. Auch ein geplatztes Wasserrohr, dessen Schwal sich über Schulter und Arm eines Zuschauers zum eigenen und Gelächter der vielen Besucher ergoss, schweißte die Anerkennung des echten Amateursports mit Leistung durch Leidenschaft an. Doch viele Unstimmigkeiten zwischen Pächtern der Eissporthalle und dem Verein, sorgten für das Aus des hoffnungsvollen Projektes Eishockey und führten dies Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre wahrlich aufs Glatteis. Zwar rüttelte der FHEC nicht nachhaltig am Thron von Handball und Fußball, hatte sich aber auf Platz drei in und rund um die Fördestadt etabliert. Bei Spielen der Fishtown Pinguins in der DEL, die auf die Traditionsclubs Düsseldorfer EG und Kölner Haie treffen, kommt dann schon etwas Wehmut auf. (jös)


Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe Mai/Juni 2021





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